Mann 150 SoSe 25 (03) von der Lühe

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Medienaktionen
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Prof. Dr. Irmela von der Lühe (Freie Universität Berlin)
Von der „Sympathie mit dem Tode“ zum „Leiden an Deutschland“
Zum Motiv der Krankheit in Leben und Werk Thomas Manns

Kaum ein Motivkomplex prägt das Werk Thomas Manns so sehr wie derjenige der Krankheit. Viele seiner literarischen Helden sind krank oder werden krank, leiden an Neurasthenie oder schlechten Zähnen; sie sterben (im Tod in Venedig) an Cholera; an Typhus (Buddenbrooks), an Tuberkulose (Der Zauberberg), Syphilis (Doktor Faustus) oder Gebärmutterkrebs (Die Betrogene). Und stets garantieren Krankheit und Tod gesteigerte künstlerische Kreativität. Im Zauberberg wird diese „Sympathie mit dem Tode“, die in ein „Weltfest des Todes“, den Ersten Weltkrieg, führt, radikal in Frage gestellt. So wie literarisch aus dem kranken Künstler der „ironische Parteigänger des Lebens“ wird, so entwickelt sich Thomas Mann selbst vom unpolitischen Betrachter zum „Wanderredner der Demokratie“, zum scharfen Kritiker einer völkischen Todesidolatrie, die in die Massenmorde des Zweiten Weltkriegs führte. Thomas Manns „Leiden an Deutschland“ – so möchte der Vortrag zeigen – schreibt sich von der Erfahrung her, dass ein todesfreudiger Kult um Krankheit als Schöpfertum seiner totalitär-politischen Instrumentalisierung nichts entgegenzusetzen hat.

Referent/in:

Prof. Dr. Irmela von der Lühe (Freie Universität Berlin)