Das Westliche des Sarmatismus: Martin Faber

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Medienaktionen
  • hochgeladen 26. Februar 2021
Dr. Martin Faber/ Ronald Wendorf, Lehrstuhl für Neuere und Osteuropäische Geschichte, Albert-Ludwigs Universität
„Der Sarmatismus, zumal seine Kultur, wird häufig mit dem Orient in Verbindung gebracht oder gilt auch oft als das eigentlich Polnische an der polnischen Kultur der frühen Neuzeit. Doch als das Wort “Sarmatismus” am Ende des 18. Jahrhunderts im Kreis aufgeklärter Reformer in Polen entstand, galt als typisches Kennzeichen für den Sarmatismus der Gebrauch der lateinischen Sprache, statt der polnischen. Latein stand hier als Symbol für eine voraufklärerische, durch ständische Ordnung und unreflektierte Religiosität geprägte Gesellschaft. Der in Polen besonders verbreitete “Makkaronismus”, die Durchsetzung der Volkssprache mit lateinischen Einsprengseln, diente dem Adel als Instrument zur Distanzierung von nichtadligen Bevölkerungsgruppen, mit dem er seine höhere Bildung und Kultur aufwies. Dass aber die Sprache, in der das geschah, Latein war, zeigt, dass der Sarmatismus zumindest in seiner ideologischen Dimension aus der geistigen Tradition des Westens erwachsen war. Zwar glaubte die Szlachta, dass die polnische Adelsfreiheit der Fürstenherrschaft in den westlichen Ländern weit überlegen sei. Aber sie bezeichnete das Gegenbild ihres Ideals als “absolutum dominium”, ein lateinischer Begriff, der nicht ins Polnische übersetzt wurde. Die Autoren, die die sarmatische Ideologie vertraten, schrieben zu einem großen Teil lateinisch, und vor allem entwickelten sie ihre Thesen auf der Basis des gleichen geistigen Erbes wie die Theoretiker des Absolutismus in Westeuropa. Sie rechtfertigten und glorifizierten das System der polnischen Adelsherrschaft, indem sie auf Autoren aus der griechischen und römischen Antike sowie auf die Bibel und die christliche Tradition zurückgriffen. Selbst die Theorie von der Abstammung des polnischen Adels vom antiken Volk der Sarmaten mussten die polnischen Humanisten auf griechische und römische Texte gründen, weil, wie sie feststellten, die Sarmaten nichts Schriftliches hinterlassen hatten. Und obwohl der sarmatische Abstammungsmythos wesentlich auf der angenommenen Überlegenheit der Sarmaten über die Römer gründete, beriefen sich die Apologeten der polnisch-litauischen Adelsrepublik auf die römische Republik und leiteten aus deren Verfassung die Institutionen ihres Staates her. Lediglich im Bereich der Kultur des Sarmatismus sind viele Elemente offensichtlich aus dem Osten übernommen, sogar von den Türken, und es heißt, der polnische Adel habe damit seine Andersartigkeit gegenüber dem Adel in den absolutistischen Ländern Westeuropas demonstrieren wollen. Der Sarmatismus als eine genuin polnische Kultur und Denkweise entwickelte sich gerade in der Spannung zwischen dem Eingebundensein Polens in die lateinische Kulturtradition des Westens und der Distanzierung von den politischen Entwicklungen dort, gegen die man die ganz anders gearteten Verhältnisse in Polen zu verteidigen suchte. Der Vortrag beleuchtet diese Spannung und belegt sie aus den Quellen.“

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